Wissenschaftler an der Weißeritztalbahn
Vorbildliche Leistungen gab es schon vor 135 Jahren beim Streckenbau. Spannend ist aber auch der Wiederaufbau.
06.08.2016 Von Franz Herz
So lädt er regelmäßig zum bauwissenschaftlichen Praxistag auf die Baustelle. Der nächste findet am Freitag, dem 26. August, statt, der jüngste war am vergangenen Wochenende. Dabei gehen die Teilnehmer die ganze Strecke ab und besichtigen bautechnische Besonderheiten. „Das habe ich schon beim ersten Bauabschnitt zwischen Freital und Dippoldiswalde regelmäßig angeboten“, sagt Thiel. Bei seiner jüngsten Exkursion stand eine neue Art der Schwellen besonders im Blickpunkt: Produkte aus wiederverwendetem Plastik. Dieses Material wird aus den Kunststoffen hergestellt, die wir im Gelben Sack zur Wiederverwertung geben. Die Firma Reluma in Großrückerswalde im Erzgebirgskreis stellt daraus neue Produkte her. Das Material ist seit einigen Jahren für verschiedene Zwecke im Einsatz. Seit über 15 Jahren wird es im Wasserbau verwendet beispielsweise für Bootsstege. Der Einsatz im Eisenbahnbau kam etwas später. Die Dresdner Verkehrsbetriebe setzen die Kunststoffschwellen seit über zehn Jahren für die Straßenbahnen ein. Das hat sich gut bewährt. Nun werden die Kunststoffschwellen auf der Schmalspurstrecke im Osterzgebirge verlegt. Die Sächsische Dampfeisenbahngesellschaft verspricht sich davon einige Vorteile gegenüber den herkömmlichen Holzschwellen. Holz verwittert ja. Daher werden die Schwellen mit Imprägnieröl getränkt, damit sie länger halten. So behandeltes Holz ist aber am Ende nur noch als Sondermüll zu entsorgen, was hohe Kosten für den Betreiber bringt. Die Kunststoffschwelle kommt ohne Imprägnierung aus. Fachleute wie Thiel erwarten sogar, dass die Kunststoffschwellen, wenn sie eines Tages ausgewechselt werden, erneut zu Granulat verarbeitet werden können. Daraus kann dann wieder ein neues Plastikprodukt entstehen.
Ein Nachteil ist bisher, dass die Plastikschwellen keine so großen Lasten aushalten. Deswegen werden sie nicht auf den Haupteisenbahnstrecken eingesetzt, wo die Züge schwerer sind. Aber für Straßenbahnen und leichte Nebenbahnen wie im Weißeritztal reichen sie aus. Eine andere neuartige Bautechnik, die bei einem früheren Praxistag eine Rolle spielte, sind die sogenannten bewehrten Dämme. Die standen im Mittelpunkt eines früheren Praxistags von Professor Thiel. Dabei wird in den Untergrund Stahl eingebracht, der dem Bahndamm mehr Stabilität gibt. Laien erkennen dies an den Gabionen, steingefüllten Drahtbehältern. Diese sind an der Oberfläche zu sehen. Die widerstandsfähige Technik wurde bereits im ersten Bauabschnitt der Weißeritztalbahn eingesetzt. Damit ist der Bahndamm besser gegen Ausspülungen bei einem Hochwasser geschützt. Das hat sich beim Hochwasser 2013 schon gut bewährt.
Mit seinen Fachexkursionen entlang der Bahnstrecke steht der Cottbusser Professor in einer Tradition, die bis in die Bauzeit der Bahnstrecke zurückreicht. Bereits 1881 hat der Sächsische Architekten- und Ingenieurverein seine Mitglieder aufgerufen, die Baustelle im Rabenauer Grund zu besichtigen. Damals stand die schöne Gestaltung der Brückenbauten im Mittelpunkt des Interesses. Diese galten seinerzeit als vorbildlich.
Wer sich für die heutigen bautechnischen Besonderheiten der Weißeritztalbahn interessiert, kann sich dem nächsten Praxistag anschließen. Das ist aber eine anstrengende Veranstaltung. Sie startet am 26. August am Bahnhof in Dippoldiswalde, nach der Ankunft des 9.42 Uhr-Zuges aus Freital-Hainsberg. Danach geht es zu Fuß über die ganze elf Kilometer lange Baustelle bis nach Kipsdorf. Feste Schuhe und eine Warnweste müssen die Teilnehmer selbst mitbringen. Detaillierte Informationen auch zur Anmeldung gibt Hans-Christoph Thiel auf der Internetseite der Brandenburgischen Technischen Universität. Bei diesem Termin Ende August können die Teilnehmer schon wieder einen wesentlichen Baufortschritt beobachten. Inzwischen sind bereits Arbeitszüge unterwegs, die Schotter heranschaffen. Ab nächster Woche wird dann die Gleisstopfmaschine arbeiten und die Schienen in ihre endgültige Form bringen, sodass Ende des Jahres wieder die ersten regulären Züge bis nach Kipsdorf rollen können.
Weitere Informationen gibt es hier
B 170 wegen Gleisbau gesperrt
An zwei Wochenenden müssen die Autos Umleitung fahren – der Wiederaufbau der Weißeritztalbahn ist der Grund.
Die ersten neuen Gleise liegen schon
Noch kann die Weißeritztalbahn nicht bis Kipsdorf fahren. Jetzt kommen Spezialtechnik – und Sperrungen der B 170.
13.07.2016 Von Franz Herz
Dippoldiswalde. Wer von Dippoldiswalde in Richtung Obercarsdorf fährt, kann schon ein Stück wiederaufgebaute Weißeritztalbahn sehen. Auf einem großen Abschnitt liegen die Schwellen und Gleise schon wieder. Aber im jetzigen Zustand kann darauf noch kein Zug fahren.
In der kommenden Woche soll die Gleisstopfmaschine anrollen. Ein Wendepunkt im Baugeschehen. Bisher waren auf der gesamten Strecke Straßenbaumaschinen eingesetzt. „Mit dem Einsatz der Stopfmaschine wird das Thema Arbeitszüge aktuell“, sagt Mirko Froß, der als Betriebsleiter bei der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft für die Baustelle verantwortlich ist. Bisher sind auf der Baustelle Bagger und Lkws wie auf einer normalen Straßenbaustelle zugange. Die Stopfmaschine dagegen fährt nicht auf Gummirädern, sondern auf Gleisen. Es ist eine komplexe Maschine, die zwei wichtige Arbeitsschritte erledigt. Erstens nimmt sie die Schienen, die jetzt schon auf die Schwellen gelegt sind, auf und richtet sie exakt aus. Sowohl die Höhe als auch die Richtung müssen stimmen. Dafür ist in der Stopfmaschine moderne Vermessungstechnik eingebaut. Wenn die Gleise ihre Position haben, kommt der zweite Schritt. Dann wird das Schotterbett darunter gestopft.
Auch beim Lokschuppen geht’s voran
Der Grundschotter liegt auf weiten Streckenabschnitten jetzt schon. Wenn die Schienen ausgerichtet sind, wird aus dem Wagen der sogenannte Gleisschotter dazugeschüttet und mit einem Rüttler verdichtet. Dessen Vibrationen lassen die Steine so zusammenrutschen, dass das Gleisbett fest wird. Die Gleisstopfmaschine wird in Dippoldiswalde mit ihrer Arbeit beginnen und sich dann nach oben in Richtung Kipsdorf vorarbeiten. Wenn sie dann die B 170 überquert – erst in Ulberndorf, später vor Obercarsdorf und schließlich in Kipsdorf –, wird an diesen Tagen die Bundesstraße gesperrt werden müssen. Das gilt auch für die verschiedenen Grundstückszufahrten und kleineren Straßen, über die das Bahngleis verläuft. Die genauen Termine dafür sind noch nicht bekannt. Voraussichtlich Anfang August wird die Bundesstraße zum ersten Mal gesperrt, kündigt Froß an.
Mit dem bisherigen Baufortschritt ist Froß zufrieden. Auf der gesamten Strecke zwischen Dippoldiswalde und dem Endbahnhof in Kipsdorf geht es voran. In Kipsdorf am Bahnhof wird derzeit die Entwässerung gebaut. Die verschwindet zwar in der Erde, ist aber für eine funktionierende Bahnstrecke absolut wichtig. „Wenn wir Wasser im Bahnkörper haben und das gefriert, dann hebt es die Gleise an“, schildert Froß. Für ihn als Eisenbahningenieur wäre das ein Albtraum. Darum sind die Entwässerungsleitungen mit das Wichtigste beim gesamten Bahnbau, nicht nur im Bahnhof, sondern auf der gesamten Strecke. Dort ist deren Einbau weitgehend schon erledigt.
In Kipsdorf laufen noch mehrere Arbeiten links und rechts der Gleise. So sind die Bahnhofsuhr und der Wasserkran derzeit bei einem Metallbauer in der Werkstatt. Der bringt sie auf Vordermann. Sie kommen dann wieder auf den Bahnhof, wenn der Bau so weit fortgeschritten ist, dass sie auch wieder benötigt werden.
Ebenfalls Fortschritte macht in Kipsdorf die Sanierung des Lokschuppens. Hier waren die Dachdecker auf dem Gebäude. Der Giebel wurde neu hochgemauert. Eine Brücke oberhalb von Schmiedeberg ist auch noch in Arbeit. Die anderen sind schon alle fertig.
Ausschreibung für Bimmelbahnbau
Wenn die ersten Gleise an der Bimmelbahn verlegt sind, kann die Elektrik eingebaut werden. Dafür wird eine Firma gesucht.
25.06.2016 Von Franz Herz
Dippoldiswalde/Kipsdorf. Derzeit läuft die letzte große Ausschreibung für den Wiederaufbau des oberen Abschnitts der Weißeritztalbahn. Es geht dabei um die Elektrik entlang der Strecke, wie Mirko Froß, Betriebsleiter bei der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft, informierte. Zu den Elektroinstallationen gehören die Signaltechnik, um die Züge zu steuern, die Fernmeldetechnik und die Stromversorgung für die technischen Anlagen entlang der Bahntrasse zwischen Dippoldiswalde und Kipsdorf.
Anfang Juni wurden diese Arbeiten öffentlich ausgeschrieben. Derzeit können interessierte Firmen Angebote abgeben. Im August soll die Entscheidung über den Zuschlag fallen. Im September sollen die Gleisbauer auf verschiedenen Abschnitten dann so weit sein, dass die Elektriker beginnen können. Sie können erst mit ihrer Arbeit anfangen, wenn die anderen Schritte abgeschlossen sind.
Derzeit wird auf der gesamten Strecke zügig gebaut. Die Arbeiter sind aber unterschiedlich weit. Im oberen Abschnitt zwischen Schmiedeberg und Kipsdorf laufen noch die Stützwandbauten zur Weißeritz und zur Bundesstraße hin. Die müssen abgeschlossen sein, ehe der Bau des Gleisbettes beginnen kann. Im unteren Bereich zwischen Dippoldiswalde und Schmiedeberg liegt teilweise schon das Schotterbett, auf das schließlich die Schwellen und Gleise verlegt werden.